Verquickung von zeitgenössischer und historischer Realität mit Wort und Bild der Comicfiktion

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“[1]

Ein besseres Zitat hätte ich mir für den Einstieg in das vor mir liegende Forschungsprojekt nicht wünschen können. Ich möchte mich mit der Verquickung von zeitgenössischer und historischer Realität mit der Fiktion der erzählten Geschichten befassen – Ein Thema, das natürlich nicht nur in der Gattung der Comics von Bedeutung ist: Peter Pan fliegt zwar nach Nimmerland, doch sein Reise beginnt in London![2] Robert Langdon ist den Illuminaten ebenfalls in unserer Welt auf der Spur[3] und selbst Harry Potter lebt im „echten England“.[4]
 

Bei der Lektüre eines Romans, einer Novelle oder Kurzgeschichte etc. oder eben auch beim Comic können Fragen bezüglich des Handlungsraumes aufgeworfen werden: Wo und wann findet die Handlung statt? In welchem Jahr, in welcher Stadt befinden wir uns oder spielt die Geschichte vielleicht sogar außerhalb unserer Zeitrechnung in einem völlig fremden Universum?

Wo genau wir uns zwischen belegter Historie und völliger Fiktion bewegen, ist gänzlich dem Autor überlassen:

Mit Peyos Schlümpfen ist man beispielsweise in einer völlig fremden Welt zu Gast, totale Fiktion, die noch nicht einmal die Ähnlichkeit zu bestimmten Orten unserer Welt sucht.

Einen Schritt weiter in Richtung Realität bieten Gebilde wie das DC Universe. Die Namen der verschiedenen Städte finden wir zwar nicht auf unseren Landkarten und dennoch fällt dem Leser auf, dass einzelne Bilder von Sehenswürdigkeiten, Straßenzügen, Auffälligkeiten oder gar ganzen Städten zumindest von Gegenstücken unserer Realität inspiriert, wenn nicht sogar 1:1 übernommen sind.

Um endlich den Bogen zum eingehenden Zitat zu schlagen, möchte ich hier ganz explizit die Forschungsfrage stellen: Welche besonderen Möglichkeiten bietet der Comic bei der Verquickung von zeitgenössischer und historischer Realität mit Wort und Bild der Fiktion?

Wie der Begriff der besonderen Möglichkeiten hier schon impliziert, wird es bei der Klärung dieser Frage auch um einen vergleichenden Blick auf andere literarische Gattungen erzählter Form gehen. Mein bisherigen Ideen, die für dieses Projekt interessant sein dürften, beziehen sich insbesondere auf Anspielungen auf reale Personen, Gegenstände, Orte etc., wozu es wahrscheinlich hilfreich sein wird, die Zeichentheorie von Charles Sanders Peirce heranzuziehen. Meine ersten Überlegungen und Fragen dazu gehen in die Richtung, in wie weit der Comic größere Möglichkeiten hat durch das Bild subtiler auf etwas anzuspielen, als das rein geschriebene Wort. Auf Peirce kam ich mit mit dem Gedanken, dass das geschriebene Wort explizit als indexikalisches Zeichen auf das Angespielte verweisen muss, während das anspielende Bild im Comic einen Umweg macht: Erst durch seine Eigenschaft als ikonisches Zeichen erhält es indexikalischen Charakter, wodurch es auf das reale Gegenstück verweist.

Soweit zur Stoßrichtung meines Projektes, dessen hauptsächlicher Gegenstand die Comic-Reihe „Karl“ von Michael Apitz und Patrick und Eberhard Kunkel sein wird.


[1] Fred R. Barnard, Printer’s Ink,  S. 96, Decker Communications 1921,

[2] J.M. Barrie, in Peter Hollindale (Hrsg.) Introduction and Notes: Peter Pan in Kensington Gardens and Peter and Wendy, Oxford Press 1999

[3] Dan Brown: Illuminati. Lübbe, Bergisch Gladbach 2003

[4] Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen, Carlsen Verlag GmbH: 1998

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